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Dr. Reinhard Terlinde

Interview mit einem Augenarzt

Dr. Reinhard Terlinde ist Augenarzt und engagiert sich ehrenamtlich beim AMD-Netz. An jedem 1. und 3. Freitag im Monat informiert er Sie zu medizinischen Fragen rund um die AMD an unserer Beratungshotline. Wir haben ihm einige Fragen gestellt.

7,5 Mio. Bürger sind in Deutschland von einer altersabhängigen Makuladegeneration betroffen. Welche Symptome treten zunächst auf?

Terlinde: Da im Frühstadium der AMD oft noch keine für den Patienten wahrnehmbare Seheinschränkung besteht, wird sie oft als Zufallsbefund beim Augenarzt diagnostiziert. Der Verlauf ist stets individuell unterschiedlich und damit auch das Ausmaß an Beschwerden. Oft ist zunächst nur ein Auge betroffen. Dadurch können Sehausfälle am erkrankten Auge vom gesunden Auge ausgeglichen werden. Im weiteren Verlauf sind jedoch fast immer beide Augen betroffen. Frühe Symptome sind ein erhöhtes Lichtbedürfnis am Tag, beim Lesen und in der Nähe, eine gesteigerte Blendempfindlichkeit zum Beispiel beim nächtlichen Autofahren und eine blassere und schwächere Farbwahrnehmung. Dazu kommen eine Abnahme der Sehschärfe in der Mitte des Gesichtsfeldes sowie verzerrtes Sehen gerader Linien und eine Abnahme des Kontrastsehens. Eine frühe Diagnosestellung kann für den weiteren Verlauf und die Prognose der Erkrankung entscheidend sein. Daher gilt die Empfehlung einer jährlichen Routineuntersuchung durch einen Augenarzt bereits ab dem 40. Lebensjahr.

Wie wird AMD behandelt?

Terlinde: Nach der Diagnosestellung einer AMD gilt es zunächst für beide Augen Form und Stadium der Erkrankung festzustellen. Dabei sind stets beide Augen einzeln zu betrachten. Unter Berücksichtigung von Risikofaktoren wie Alter, erblicher Vorbelastung, Allgemeinerkrankungen wie Diabetes und Hypertonie sowie Rauchen und ungesunde Ernährung erfolgt eine sorgfältige augenärztliche Diagnostik. Hier werden Fluoreszenzangiographie, OCT sowie ggf. Angio-OCT eingesetzt. Im Falle einer feuchten AMD gibt es eine wirksame Behandlung. Es wird ein auf die Ausgangssituation des einzelnen Patienten bezogener Therapieplan erstellt. Mit einer extrem dünnen Nadel wird in einer Behandlungsserie ein Anti-VEGF-Medikament schmerzfrei in das Auge gespritzt. VEGF-Hemmer sind Stoffe, die bei der feuchten AMD Wachstumsfaktoren hemmen, die für die Neubildung von Blutgefäßen verantwortlich sind. In der Folge tritt Flüssigkeit in die Netzhaut ein. Bei der Mehrzahl der Patienten lässt sich mit der Therapie die Sehkraft verbessern oder länger erhalten. Selten stellt sich keine ausreichende Wirkung ein. Die feuchte AMD ist eine chronische Erkrankung, die eine Langzeit- oder gar Dauertherapie erforderlich macht. Der großen Belastung des Patienten durch zahlreiche Termine beim Arzt für Behandlungen und Kontrollen steht die Aussicht auf den Erhalt des Sehvermögens gegenüber. Die Therapie sollte auf Grund von weiteren möglichen Erkrankungen wie Diabetes und Hypertonie auch durch den Hausarzt begleitet werden. Vorbeugende Maßnahmen sind die Aufgabe des Rauchens und eine mediterrane Ernährung.

Sie engagieren sich seit einiger Zeit ehrenamtlich beim AMD-Netz e. V., z.B. an der Beratungshotline. Was hat Sie zu diesem Ehrenamt bewogen?

Terlinde: Es wäre aus meiner Sicht schade, wenn nach meiner Pensionierung als Augenarzt das gesammelte Wissen nicht weiter sinnvoll für AMD-Patienten eingesetzt würde. Zeit, die im Praxisalltag fehlte, gibt es jetzt im großen Maße. Ich verstehe mich als Mentor der AMD-Patienten. Ich kann jedem mit Rat und Tat und auch Trost zur Seite stehen, ohne zeitliches Limit und wirtschaftlichen Druck von außen. Jedes Gespräch gibt mir Anregung und den Impuls, mich weiter fortzubilden und meine freie Zeit sinnvoll einzusetzen. Wie sagte meine Frau letztens: „Ehrenamt verbraucht keine Zeit, Ehrenamt schenkt Zeit.“ Das hervorragend organisierte AMD-Netz bietet hierfür eine perfekte Plattform.